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Geschlechtertausch

Da wir wieder von Frauen- und Männerquoten sprachen, habe ich mich an einen Schreibtipp erinnert, der in etwa folgend lautete:

Tauscht das Geschlecht (d)einer Romanfigur.
Funktioniert die Figur weiterhin in dem vorgegebenen Rahmen?
Wird die Figur dadurch interessanter? Bekommt sie spannendere Konflikte?

Man kann diesen Tipp als Schreibimpuls sehen, der mit dem geschlechtlichen Umdenken einen Kreativschub bringt: Eine Eigenschaft, die bei einer Frau gewöhnlich ist, kann bei einer männlichen Figur für das gewisse Etwas sorgen – und umgekehrt. Aber vielleicht ist es auch ein Test, der die Überlegung anregt, ob die Figur ein »Mensch« ist oder auf Geschlechterstereotypen basiert.

Normalerweise plädiere ich dafür, über Menschen zu schreiben, nicht über Frau oder Mann. Doch dann fielen mir zwei Geschichten ein, die mir sehr gut gefielen, aber bei denen man die Geschlechter nicht wechseln könnte. Die Frau des Zeitreisenden und Der seltsame Fall des Benjamin Button. Der Mann nimmt dabei die Rolle eines Außergewöhnlichen, Skurrilen und die Frau die wartende Rolle ein.

Da frage ich mich: Muss der Mann denn immer der Komische, der Eigenwillige sein? Muss die Frau denn immer die Hingebungsvolle, Passive, Sanftmütige sein? Liegt es an dem Romanzen-Anteil, der den Mann in die starke aktive Rolle drängt und die Frau passiv macht?

Andererseits, würde die Geschichte funktionieren, wenn der Mann, derjenige ist, der auf seine Liebe wartet? Der zu Hause sitzt, während die Frau durch die Weltgeschichte reist? Liegt es an der Lesererwartung oder an der Erwartung der Gesellschaft, dass – wenn es um Paare geht – die Rollen nicht getauscht werden, oder funktioniert das tatsächlich nicht?

(Eine »Powerfrau« mit Schwert oder Hirn ist nicht entgegen der Gesellschaftserwartungen; das sind die burschikosen Frauen, die keinen Mann kriegen/wollen oder in Vergleich zu ihrem Mann wieder die Schwächere spielen.)

Was denkt ihr über dieses Thema? Dürfen Männer- und Frauenfiguren hinsichtlich der Dramaturgie gleich viel handeln oder funktionieren Geschichten besser, wenn die Figuren halbwegs in den Geschlechterrollen bleiben, die die Gesellschaft von ihnen erwartet?

Und wie empfindet ihr das?

Bei welchen eurer aktuellen Figuren würde eine Geschlechterumwandlung die Geschichte interessanter machen? Bei welchen würde es nicht funktionieren und weshalb?

Habt ihr im Nachhinein mal das Geschlecht einer Figur gewechselt? Weshalb? Und was hat es euch gebracht?


Anmerkung: Ich hab das Bild gewählt, weil Mann und Frau zwar gemeinsam kochen, es aber so aussieht, als würde die Frau kontrollieren, ob der Mann auch wirklich Zucchini schneiden kann.

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