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Selbstzweifel – oder die Schreibdystopie

Eins meiner Lieblingsthemen während des Schreibprozesses sind die mich quälenden Selbstzweifel. Ich schreibe, beende einen Absatz, mit viel Glück eine Szene. Doch dann beginne ich, mir die Nährstoffe meiner Kreativität zu entziehen. Selbst ein Gespräch mit Kollegen kann meine Dystopie nicht aufhalten.

Zitat von Zwiegespräch mit Vickie

V: Dein Text lebt.
W: Konfuses leben, wie ein Rudel Kakerlaken das über ein Blattpapier huscht und druffkackt.
V: o.O
W: Siehste!

Oh ja, und wie mich diese Selbstzweifel, getarnt als Kakerlaken, quälen. Ich wünschte mir nichts lieber, als sie zurückquälen zu können. Piesacken. Mit der Faust draufkloppen, bis sie pulverisiert sind.
Schublade auf, Text rein, Schublade zu. Ich wette, in meiner Schublade sieht es aus wie in Mordor. Irgendwo latscht ein kleiner Hobbit rum, der versucht, meine Manuskripte in den Vulkan zu werfen. Und Gollum, diese fiese Socke, will ihn vor dieser besten aller Entscheidungen abhalten.
Natürlich löst diese grundnegative Einstellung alle meine Probleme. Schubladentexte sind super im Überwinden von Selbstzweifeln. Sie modern vor sich hin und breiten Faulgase aus. Hoffentlich schlug Euer Ironiedetektor gerade an.
Doch wie überwindet man diese Selbstzweifel? Vermutlich nie ganz. Aber man kann daran arbeiten, nicht den schreibtechnischen Weltuntergang herbeizuprophezeien.

Selbstakzeptanz statt Selbstzweifel

Akzeptiert die Selbstzweifel. Es ist schädlich, sich in Selbstzweifeln zu ergehen. Bei den meisten Menschen, die ich kenne, ist das Stellrädchen für Selbstzweifel viel zu sensibel eingestellt. Anstelle von exkrementierenden Kakerlaken zu reden, ist es wirksamer zu denken: „Ich weiß zwar noch nicht genau wie, aber ich werde die Aufgabe bewältigen können.“
Stickt Euch diesen Satz auf ein Kissen, tätowiert ihn Euch auf die Stirn oder klebt ihn Euch aufn Zettel geschrieben an den Bildschirm. Denn die Annahme, etwas schaffen zu können, steigert unsere Motivation.

Positive Visualisierung

Das, was ich mit meinen Selbstzweifeln mache, ist auch Visualisierung. Nämlich folgende:

Man schafft sich seine eigene Realität des Nicht(s)Könnens. Überlegen wir mal, wie viel Negativsätze wir jeden Tag hören, die durch häufige Wiederholungen zu Glaubenssätzen werden. Das schaffst Du nicht! Das schaffst Du nicht!

Zitat von Marc Aurel
»Wir sind das Ergebnis unserer Gedanken.«

Doch wenn wir Menschen etwas beherrschen, dann ist es, unsere Gedanken zu kontrollieren. Wir können jederzeit bewusst steuern, was wir denken. Getreu der Dystopie stellen wir uns unser Scheitern vor, unsere Unfähigkeit, unsere mangelhafte Intelligenz und Kreativität.
Was für ein Blödsinn. Das Ergebnis liegt in der Zukunft. Wir wissen es nicht, ob unser mögliches Scheitern mit unseren Texten überhaupt eintreffen wird. Doch sich selbst ständig Steine in den Weg zu legen, hilft uns nicht weiter. Räumt diese Gerölle einfach mal weg, atmet tief durch und betrachtet das, was Ihr bereits geschafft habt.

Niemand will, dass Ihr perfekt seid, genauso, wie Ihr es auch nicht von Eurem Gegenüber erwartet. Eure Texte werden nie perfekt sein. Aber sie können leben, begeistern, zu Tränen rühren, einen Lachkrampf verursachen, Kopfkino herbeizaubern und bewegen. Schublade auf, den Hobbit wegschnippen und die Manuskripte vor dem dampfenden Vulkan retten. Los geht‘s! Hinsetzen! Schreiben! Danke Gollum.

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