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Über die Hintergrundgeschichten in Liebesromanen

Ich liebe Geschichten mit Herz – egal, ob in Form einer zuckersüßen Romanze oder eingebettet in ein rasantes Abenteuer. Wenn zwei Seelen nach langer Suche zueinanderfinden, gibt mir das beim Lesen immer ein tolles Gefühl, und ich leide mit, wenn ihnen kein glückliches Ende beschieden ist.

In letzter Zeit haben es mir besonders Liebesgeschichten in außergewöhnlichen Settings angetan: dystopische Zukünfte, phantastische Welten oder ganz besondere Konflikte, die dem Liebespaar Steine in den Weg legen.

Leider ist mir dabei aufgefallen, dass solche liebevoll ausgearbeiteten Settings und Konflikte plötzlich im Nichts verschwinden, wenn sich das Liebespaar endlich gefunden hat. Und auch wenn ich mich weiterhin mitreißen lasse, will sich dieses Gefühl der Zufriedenheit nicht wirklich einstellen.

Welten als Pappaufsteller

Gerade im Bereich der Young-Adult-Romanzen findet man viele Geschichten, die an phantastischen Orten oder in einer fremden Zeit spielen. Egal, ob es sich um dystopische Zukunftsvisionen, Fantasywelten oder einfach nur eine abgewandelte Form unserer Realität handelt – das Liebespaar nimmt uns mit an einen fremden Ort mit ganz eigenen Gesetzen und Problemen.

Ich bin immer wieder (positiv!) überrascht, mit welchem Eifer sich die Autoren daran machen, ihren eigenen Kosmos mit all seinen Details zu erschaffen und ihn mir als Leser so zu präsentieren, dass ich am liebsten die Koffer packen und dorthin reisen würde. Ehrlich, ich liebe solche Geschichten.

Umso trauriger finde ich es, dass einige der Geschichten das riesige Potential, das in dieser Arbeit steckt, komplett außer Acht lassen und eine völlig banale Story daraus machen.

Stellt euch vor, ihr bekommt in den ersten Kapiteln ein dystopisches Setting präsentiert. Das Land steht am Rande eines Bürgerkriegs, die Machthaber inszenieren eine (Dating-)Show voller Prunk und Glamour, um die Bevölkerung von ihrem Elend abzulenken. Mittendrin – unser Traumpaar, das so gar nicht das ist, was sich die Mächtigen des Landes erhofft haben. Voller Vorfreude auf die anstehende Dramatik lest ihr weiter … und bekommt eine butterweiche Highschool-Romanze präsentiert, in der der größte Feind die bildhübsche Konkurrentin darstellt, die sich mit rotlackierten Krallen und gemeinen Lästereien zwischen die Heldin und ihren Traumprinzen stellt.

Nichts gegen Highschool-Romanzen. Es gibt haufenweise Bücher, in denen das Thema gut umgesetzt ist und die sich großer Beliebtheit erfreuen (auch im phantastischen oder dystopischen Bereich). Ab und an lese ich sowas auch ganz gerne. Aber bei einem so grandios ausgearbeiteten Setting ist das Einzige, was mir von der Geschichte in Erinnerung bleibt, Frust. Das ist ein bisschen so, als würde man einem Hund zwei Stunden lang ein leckeres Steak vor die Nase halten und ihm am Ende doch nur Trockenfutter hinstellen.

Das heimliche Verschwinden von Konflikten

Noch so ein Punkt, in den ich jetzt schon mehrfach gestolpert bin. Eine ganze Buchreihe über bin ich den Protagonisten gefolgt, habe mit ihnen gelitten und gehofft, dass sie gegen all die Widerstände ankommen, die von außen auf sie einprasseln. Dann werden sie endlich ein Paar … und das Buch ist zu Ende.

Kein Wort darüber, wie sie es schaffen, seinen bösartigen Vater von ihrer Liebe zu überzeugen oder sich aus dem Einflussbereich ihrer intriganten Eltern zu lösen. Das Paar hat sich, also erstrahlt die Welt in rosa Herzchen.

Und dafür habe ich mich durch mehrere Romane gequält?

Noch so ein Spezialfall sind die »dunklen Vergangenheiten« der Hauptfiguren, die die ganze Geschichte über wie ein Damoklesschwert über der jungen Liebe hingen. Es ist völlig egal, ob die Heldin wegen Mordes gesucht wird oder aufgrund eines traumatischen Erlebnisses einen leichten Knacks hat. Sobald sie glücklich in den Armen ihres Liebsten liegt, sind solche Kleinigkeiten nicht mehr wichtig. Im Idealfall spaziert in der letzten Szene noch ein Polizist durchs Bild und erklärt, dass die ganze Sache mit dem Mord nur ein Missverständnis war.

Klar doch, deshalb hatte sie auch über knapp 300 Seiten panische Angst davor, geschnappt zu werden bzw. ihrem Liebsten davon zu erzählen. Traumata verschwinden übrigens auch nicht durch einen einfachen Kuss – es sei denn, der Auserwählte ist einer von diesen gruseligen Dementoren aus Harry Potter. Aber auch dann bezweifle ich, dass die Heldin ihr Leben glücklich und zufrieden bis in alle Ewigkeit weiterleben kann.

Fazit

Leute, ihr habt so tolle Ideen und unglaublich viel Phantasie, also macht etwas draus! Auch ein Liebesroman verdient Tiefgang – vor allem, wenn ihr euch die ganze Arbeit in Sachen Recherche und Weltenbau sowieso schon gemacht habt.

Scheut euch nicht davor, eure Hauptfiguren gegen die äußeren Konflikte kämpfen zu lassen und zeigt euren Lesern, dass auch das absolute Traumpaar nicht sofort nach dem Liebesschwur in eine rosarote Zuckerwattewelt gebeamt wird.

Und vor allem: Lasst eure Leser nicht nach ein paar Andeutungen verhungern. Ihr habt euch bereits die Mühe gemacht, das ganze aufzubauen, also nutzt es. Ihr müsst ja nicht gleich das Genre wechseln und eure Liebesgeschichte hintanstellen. Aber ein paar Hinweise, dass sich die großen Probleme nicht mit einem Kuss in Nichts auflösen, wären echt toll.

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