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Marker als Indiz für die Zugehörigkeit

Nachdem wir die Beschreibungen von Hautfarben per se hinterfragt haben, werde ich in diesem Beitrag einige Methoden vorstellen, wie man ethnische Zugehörigkeit beschreiben kann, ohne auf Hautfarben zurückgreifen zu müssen. Ein Mensch besteht nämlich mehr als aus Hautfarbe; er hat viele Eigenschaften und Facetten – und diese können wir als Marker (auch Indiz oder Hinweis) benutzen, um eine Zugehörigkeit anzudeuten

Marker sind Eigenschaften, die auf eine Gruppenzugehörigkeit hinweisen.

Marker sind Eigenschaften, die auf eine Gruppenzugehörigkeit hinweisen. Dadurch dass es in diesem Artikel um die Beschreibung von BI_PoC geht, ist die ethnische Zugehörigkeit gemeint. Auf andere Marginalisierungen kann ein Marker als Indiz dafür dienen, welche Lebensumstände eine Person hat, ob sie sich als Mitglied einer Community sieht, ob sie Krankheiten oder Behinderungen hat.

Es gibt etliche Marker – und ich gebe dem Sprachgebrauch von dem Wort »Hautfarbe« als Synonym für Ethnie die Schuld, dass man kaum über Hautfarben hinausdenkt oder Hautfarben als einziges Eigenschaft sieht. Es ist sogar biologistisch, wenn man die Ethnizität lediglich auf Hautpigmenten reduziert. Wie schon in den Rassentheorien Menschen aus unterschiedlichen geographischen Bereichen eine Farbe zugeordet, wodurch man dann geglaubt hat (und immer noch glaubt), dass man anhand der Farben die Ethnie erkennen könnte. Dabei  können Menschen unterschiedlicher Ethnie denselben Hautton haben. Ein sehr braun gebrannter weißer Mensch (»weiß« ist die politische Zugehörigkeit) kann eine dunklere Hautfarbe als eine Person of Color haben, je nachdem, woher sie kommt und wie sie mit ihrer Haut umgeht.

Ich sage nicht, dass ihr komplett auf Hautfarben verzichten müsst – wenn es zu eurem Genre und Schreibstil passt, bringt Hautfarben ein! BI_PoC haben es verdient, auf einer positiven und nicht exotisierten, nicht fremdmachenden Art dargestellt zu werden. Außerdem können wir dadurch mit der Erwartung brechen, dass Figuren grundsätzlich weiß sind (Whiteness as default), sofern sie nicht explizit als nicht-weiß beschrieben werden.

Darüber hinaus finde ich es ungünstig, wenn das Wort »Hautfarbe« als Synonym für »Ethnie« oder »Race« benutzt wird. Mit diesem Begriff ist nämlich nicht der Farbton gemeint, damit sind Menschen gemeint, deren Hautfarbe in Kombination ihres Äußeren, ihrer Sprache, ihrer Gewohnheiten sich von der weißen Norm unterscheiden. Achtet mal darauf, wann »Hautfarbe« oder »Ethnie« benutzt wird, sicherlich nicht oft, wenn von weißen Menschen die Rede ist.)

Farbige Streifen von grün über gelb und rot bis zu blau

Warum man sich von Farben lösen sollte

Ich möchte euch nun zwei schreibhandwerkliche Gründe geben, wieso man sich von der Hautfarbe DEN Marker für die Ethnie lösen sollte.

1) Vereinzelte Beschreibungen werden schnell überlesen oder vergessen, vor allem, wenn sie nicht in den Inhalt eingebettet sind oder inhaltlich keinen Sinn ergeben.

Wenn mal erwähnt wird, dass eine Figur schwarze Haare hat, verfliegt diese Information nach einiger Zeit. Wenn aber deutlich wird, dass die Figur aus einer Familie entstammt, wo alle dicke schwarze Haare haben, sodass die Babys schon mit einem Schopf auf die Welt kommen und die Langhaarigen unter ihnen gern die untere Hälfte ihres Haarschopfes wegrasieren, damit das Gewicht nicht so groß ist; dass die Haare so gelackt schwarz sind, dass sie in der Sonne fast weiß reflektieren – dann brennt sich das Bild stärker ein. Schreibtipp: Show don’t tell. XD

2) Lesende machen sich ohnehin oft ein eigenes Bild.

Man kann die Figuren nie komplett beschreiben, sodass die Lesenden haargenau das gleiche Bild wie die Autor*innen haben. Das wünschen wir uns vielleicht so, aber das funktioniert nicht. Viele Lesende halten sich auch nicht komplett an die Beschreibung im Buch, sie stellen sich auch mal nichts vor oder komplett etwas anderes. Die Mehrheit ergänzt die Beschreibungen mit eigenen Vorstellungen. Das liegt an den Leseerfahrungen bzw. an der Sozialisation der lesenden Person.

 Alles, was wir als Autor*innen nicht beschreiben – sogenannte Leerstellen – wird von den Lesenden in deren Kontext gesetzt.  Zum Beispiel können viele Menschen schwarze Locken tragen – ob man sich eine*n Italiener*in, eine*n Griech*in oder eine*n Philippiner*in vorstellt, hängt von den persönlichen Erfahrungen ab.

Es gibt ein weiteres Problem: Die »Leerstellen« sie niemals wirklich leer. Wir glauben vielleicht, dass wir nur die Hautfarbe oder die Haarfarbe und -struktur beschrieben haben, aber dadurch dass wie Autor*innen ebenfalls auf eine bestimmte Weise sozialisiert sind, passiert es oft und oft unbewusst, dass unsere Figuren automatisch die Sprache, die Gebärden, den Umgang mit Mitmenschen benutzen, wie wir es gewohnt sind.

Dann kann es passieren, dass wir einer Figur schwarze Locken und eine dunkelbraune Haut geben, sie sich aber mit einer weißen Selbstverständlichkeit durch die Welt bewegt. Dadurch wird ihr Äußeres eventuell verblassen und sie wird weiß gelesen.

Die einfachste Lösung ist, die Ethnie der Figur zu erwähnen

Am einfachsten ist es, wenn man direkt sagt, was Sache ist. Anstatt auf komplizierte Weise die Hautfarbe und die Gesichtsform zu beschreiben, kann man die Ethnie der Figur einfach erwähnen. Je früher, desto besser. Manche Autor*innen befürchten, eine verletzende Sprache zu benutzen, wenn sie zum Beispiel das Wort »Schwarz« oder »Jude« aussprechen oder schreiben. Aber konkret zu sein ist besser als herumzudrucksen, als würde man sich nicht trauen, die Existenz bestimmter Menschen in den Mund zu nehmen. Wenn ihr unsicher seid, welche Bezeichnungen angebracht sind, recherchiert die Empfehlungen antirassistischer Organisationen – hier gilt wie überall anders auch: Es ist das Vorrecht der Betroffenen, zu wählen, wie sie sich bezeichnen und wie sie bezeichnet werden wollen.

Und wie schon in der Einleitung erwähnt, ist es auch hier wichtig, nicht nur einen Marker erwähnen. Erst wenn verschiedene Marker zusammenkommen, ergibt es ein rundes, lebendiges Bild.  Daüber hinaus gibt es auch innerhalb einer Ethnie unterschiedliche Individuen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Lebensweisen; deren Unterschiede und Gemeinsamkeiten hervorzuheben, lässt die »Diversität« lebendig wirken.

 

Schreibhandwerklicher Tipp:

Anstatt die Holzhammermethode zu benutzen und die Herkunft einer Figur im »tell« zu benennen (Mila ist 12 Jahre alt und lebt im fernen Japan*), kann man die Informationen auch in einem Dialog oder durch Dritte einbinden.

»Kozue! Was machst du da?! Du bist doch nicht in den USA.«

Kozue sieht auf ihre Turnschuhe, an denen Erdkrumen kleben. Über sich selbst erschrocken, streift sie die Schuhe ab, murmelt eine Entschuldigung und hüpft in den Flur, um den Handfeger zu holen.

»Und vergiss nicht, deinen Vater zu begrüßen, wie es sich für eine ordentliche Japanerin gehört.«

* Das ist eine Anspielung auf die Animeserie »Atakku No. 1«, die in den 90ern das erste Mal in Deutschland unter dem Titel »Mila Superstar« ausgestrahlt wurde. Die Hauptfigur Kozue bekam im Deutschen den Namen Mila.

 

Marker als Indiz für die Zugehörigkeit

Marker #1: Physische Merkmale

  • Hautfarbe
  • Haarfarbe und Haarstruktur
  • Gesichtszüge
  • Augen, Nase, Mund
  • Körperformen
  • Stimme

All das können Marker sein, müssen aber nicht unbedingt. Natürlich gibt es eine Schnittmenge für das, was typisch ist, doch die Personen, die derselben Ethnie angehören, können sehr unterschiedlich aussehen. Und gerade bei mixed Personen (bitte nicht »gemischt« und erst recht nicht »Mischling«, welches ein rassistischer Begriff ist), ist es mehr ein Ratespiel, wenn man durch das Äußere auf die Herkunft zurückführen möchte – und es ist ein No-Go, an der Herkunft von BI_PoC herumzuraten und daraus ein Spiel zu machen.

Ein weiteres und auch schreibhandwerkliches No-Go ist es, auch wenn man die Herkunft durch das Äußere erahnen kann, das Aussehen auf eine Herkunft zurückzuführen.

Er hat kongolesische Gesichtszüge. Ihre Stupsnase war so fein wie die einer Chinesin. Deren Hintern nach zu urteilen, kam dey aus Südamerika.
↑ No-Go

Vergesst beim Beschreiben nicht, dass eure Figur ein Individuum ist. Arbeitet deshalb keine Liste ab, sondern stellt sie als Mensch mit ein paar charakteristischen Merkmale dar. Und achtet auch hierbei wieder darauf, dass die Beschreibungen zu der Figurenperspektive passen.

Marker #2: Sprache

Sprache ist eine sehr einfache Methode, um zu zeigen, woher eine Person kommt. Das beginnt bereits mit dem Namen, den eine Person trägt. Was für ein Mensch steckt hinter dem Namen Imka Müller-Ngidi? Wie mag es in der Familie von Jonathan Nguyễn aussehen? Welche Sprache spricht die Person im Alltag? Welche in der Schule, Uni, Ausbildung, Arbeit? Ist es eine andere Sprache, als sie zu Hause spricht? Spricht sie mit den verschiedenen Familienmitgliedern in verschiedenen Sprachen?

Das Spannende an Sprachen ist, dass sie nicht statisch sind, sondern sich mit den Menschen entwickeln. Wenn die Familie eurer Romanfigur schon länger in dem Land ist, in dem der Roman spielt, wird sie nicht mehr die gleiche Sprache sprechen wie deren Vorfahren in den Ursprungsländern. Vielleicht ist es ganze spezielle Vermischung der Sprachen.

Marker #3: Kleidung und Accessoires

Auch durch die Wahl, wie man sich kleidet, kann man einen Menschen einordnen. Kleidung hat eine Symbolik und bereits mit bestimmten Schuhen und Jacken kann man in die linke oder rechte Szene eingeordnet werden. So ist es aber auch mit der Kultur. Es müssen keine traditionellen Gewänder oder religiöse Kopfbedeckungen sein (und bitte packte eure Figur nicht in ein traditionelles Gewand, wenn ihr nicht wisst, wo, zu welcher Gelegenheit und auf welche Weise die Kleidung getragen wird), auch ein simpler Kleidungsstil oder bestimmte Accessoires können auf kulturelle Zugehörigkeit hinweisen.

Flipflops im Herbst → Brit*innen

Schwarze Lack-Spangenpumps mit weißem Rand → Parisiennes

Birkenstocks mit Socken → Deutsche

Marker #4: Familie und Community

Der erste Punkt beim Victoria-Linnea-Stereotypentest lautet: Gibt es mindestens zwei BI_PoC derselben ethnischen Zugehörigkeit? Diese Frage rührt schon daher, dass eine Person Eltern – oder zumindest Erzeuger*innen – haben muss, die ebenfalls irgendwoher gekommen sind. Und Familien sind nicht gleich Familien. Je nach Kultur haben sie einen unterschiedlichen Stellenwert.

In manchen Kulturen ist es unvorstellbar mit Familienmitgliedern zu brechen, weil Familie eben ein Teil von einem ist, egal wie groß die Differenzen sind. Die Familie ist wichtiger als das Bedürfnis eines Individuums, das den Familienzusammenhalt brechen kann. Klingt es für euch unvorstellbar oder sogar unangenehm?

Prima, dann habt ihr gerade die Sicht- und Lebensweise einer anderen Gruppe berührt, der ihr nicht angehört. Oben beim Thema »Leerstellen«, beim dritten Punkt, sprach ich von der vermeintlichen Neutralität der Autorin*des Autoren. Und wenn man neutraler (neutral gibt es nicht) bzw. offener über andere Lebensweisen schreiben zu können, muss man von den eigenen Wertevorstellungen loslassen.

  • Welchen Stellenwert hat die Familie?
  • Wie ist Familie überhaupt definiert, wer zählt alles rein?
  • Wie ist die Familie organisiert?
  • Was wird kulturell erwartet oder erwünscht?
  • Welche individuellen Bedürfnisse gibt es?
  • Wie eng ist der Kontakt zu anderen Verwandten?

Zusätzlich zur Familie gibt es auch andere Möglichkeiten, um Kontakt mit Menschen aus der eigenen Kultur zu haben.

  • Wie sieht der Freund*innen- oder Bekanntenkreis aus?
  • Ist die Romanfigur oder deren Familie in einer Community? Wie stark ist sie involviert? Engagiert sie sich dafür?
  • Sucht sie sich andere Vereine wie zum Beispiel einen Studierendenverein oder eine Hobbygruppe?

Marker #5: Traditionen

Welche Traditionen werden in dieser Familie geführt und wie steht die Romanfigur dazu? Welche Rolle spielt die Religion? Werden traditionelle Kleidung getragen, wenn ja, von wem und zu welchen Gelegenheiten? Welche Feste werden gefeiert? Wie sind die Wohnungen dekoriert, welche Gegenstände stehen herum? Und hat nicht jeder richtige deutsche Haushalt mindestens eine Blätterschale im Geschirrschrank?

Marker #6: Hobbys und Interessen

Hier werden wir ein bisschen individueller, es hat weniger mit der Ethnie an sich zu tun, und dennoch können Hobbys und Interessen einen Hinweis daraus geben, in welchem Kulturkreis die Figur aufgewachsen ist und lebt.

Zum Beispiel wird in manchen Ländern mehr gesungen als in Deutschland – dort wird nach der Arbeit, Uni oder Schule noch gemeinsam einen singen gegangen. Währenddessen kann ich mir kaum vorstellen, dass sich deutsche erwachsene Menschen zum Singen treffen, es sei denn, sie sind Musiker*innen.

Wo wir bei Musik sind, habt ihr bei bestimmten Musikgenres auch bestimmte Menschen im Kopf? Das Gleiche bei Sportarten – was habt ihr vor Augen, wenn ihr an Tennis, Golf, Basketball, Fußball oder Eiskunstlauf denkt?

Ja, es sind Klischee. Klischees, die einen historischen und kulturellen Hintergrund haben. Aber da wir Autor*innen sind, liegt es an uns, mit Klischees zu spielen und sie zu brechen.

Marker #7: Erfahrungen durch die Marginalisierung

Menschen unterschiedlicher Ethnien machen unterschiedliche Erfahrungen. Und diese prägen. Es ist aber nicht der Rassismus allein, den BI_PoC erfahren, es sind »Kleinigkeiten« im Leben. Vielleicht muss man besonders weit fahren, weil man bestimmte Kosmetik nicht in der Drogerie um die Ecke bekommt, sondern den nächsten Afroshop aufsuchen muss. Vielleicht schreibt der 60-jährigen Vietnamese immer noch beim Tippen von Mails mit den Standard-Sonderzeichen, weil diakritische Zeichen noch im Zeichensatz waren. »Chu´ng tôi se~ dê´n tham ba.n« statt »chúng tôi sẽ đến thăm bạn«. Vielleicht muss man als Teenie als Dolmetscher*in der eigenen Eltern mit aufs Amt.

Natürlich erfahren marginalisierte Menschen Diskriminierung. Es ist daher auch authentisch, darüber zu schreiben – aber man braucht es nicht. Es kann für marginalisierte Lesende sogar viel schöner sein, mal etwas anderes zu lesen als die eigene Diskriminierung.  Es gibt es genug Erfahrungen, die positiv und spannend und erzählenswert sind.

Wenn ihr BI_PoC in eurem Roman habt, traut euch, mehr als ihr einen fremdklingenden Namen und eine »nicht-weiße« Hautfarbe zu geben. Ihr habt nun ganz viele Marker, die über die äußerlichen biologischen Merkmale hinausgehen, also nutzt sie, um tiefgründige, facettenreiche Figuren zu bauen. Achtet wie immer darauf, dass alle Figuren gleichermaßen und auf gleiche Weise dargestellt werden. Konkret heißt es, dass nicht nur BI_PoC optisch beschrieben werden (ansonsten wirkt es so, als wären sie so fremdartig, dass sie explizit erwähnt werden müssen), aber ihnen genauso viel Raum zugestanden wird, wie ihn viele weiße Figuren fraglos einnehmen, indem ihr auch anderen Teile ihres Lebens einbringt, die sie ausmachen.

4 Comments

  1. Coira 4. Januar 2024

    Warum bin ich erst jetzt über diesen großartigen Artikel gestolpert? Vielen Dank für die Erklärungen und Beispiele!

    Wenn ich darf, habe ich eine Frage zu diesem Absatz:
    “Dann kann es passieren, dass wir einer Figur schwarze Locken und eine dunkelbraune Haut geben, sie sich aber mit einer weißen Selbstverständlichkeit durch die Welt bewegt. Dadurch wird ihr Äußeres eventuell verblassen und sie wird weiß gelesen.”

    Wie sieht es in Fantasywelten aus, in denen es keine systematische Benachteiligung von PoCs gibt? Gehe ich mit dem falschen Ansatz an die Sache, wenn ich PoCs mit der ‘weißen Selbstverständlichkeit’ / europäisch geprägter Kultur in ein Fantasysetting schreibe um von dem ‘Whiteness as default’-Gedanken wegzukommen?

    Viele Grüße 🙂

  2. Lora 29. Januar 2023

    Du triffst es absolut auf den Punkt;)

    Grüße

    Lora

  3. Alexandra 23. Januar 2023

    Vielen Dank für diesen Beitrag.

    Ich beschäftige mich mit der Frage nach Personenbeschreibungen in einem anderen, journalistischen Kontext. Ich muss nämlich beim Anlegen von Bildern in einem Content Management System öfters Bildschreibungen anlegen (und tue das als Mutter eines sehbehinderten Kindes auch gern).

    Allerdings bin ich bei der Beschreibung von Menschen immer etwas gehemmt. Ist das eine junge Frau, oder eine mittelalte? Möchte dieser für mich feminin aussehende Mann vielleicht gar nicht als Mann bezeichnet werden? Und darf ich diese Person dunkelhäutig nennen?

    In diesem speziellen Fall sind nur wenige Zeichen erlaubt, um einen Menschen zu charakterisieren. Klar könnte ich die Hautfarbe ganz weglassen. Aber das fände ich unfair demjenigen gegenüber, der auf den Alttext angewiesen ist. Er oder sie soll sich ja auch ein “ganzes Bild” machen können.

    Was ist Deine Meinung? Hast Du Tipps für mich?
    Und was hältst Du in diesem Zusammenhang von Formulierungen wie “kaukasischer Typ”, die ich z.B. in Bildagenturen manchmal lese?

    Ich freue mich über Deine Meinung!

    • Victoria Linnea 31. Januar 2023

      Hallo Alexandra, das ist eine sehr interessante und wichtige Frage.
      Ich empfehle klare konkrete Wörter ohne Mutmaßungen. Wenn ich Bildbeschreibungen verfasse, nutze ich das Wort “Person”, sodass ich mich nicht auf “Mann” oder “Frau” beschränken muss. Wie zum Beispiel: Im Vordergrund steht eine Person mit hohem dunkelbraunen Pferdeschwanz und roten langen Ohrringen. Die Person ist groß und hat breite Schultern und einen markanten Kieder und sie lacht in die Kamera.

      Wenn viele Zeichen für den Alttext vorhanden sind, nutze ich sie auch aus. Ansonsten überlege ich mir, welche Attribute hervorstechen, ob es nun das Gesicht ist oder die Kleidung oder die Accessoires. “Dunkelhäutig” als Wort würde ich nicht benutzen, weil dies ungenau ist und für manche Leute verletztend. Dann lieber den Hautton hinschreiben wir im Hautfarben-Guide beschrieben.

      “kaukasisch” würde ich auch nicht benutzen, weil dieser Begriff aus den Rassentheorien stammt, auch wenn er im englischsprachigen Raum geläufig ist. Man könnte überlegen, weshalb man “kaukasisch” erwähnen will, in vielen Fällen passt “weiß” als soziale Kategorie wie “PoC”.

      Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.

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