Drücke "Enter", um den Text zu überspringen.

Hautfarben-Guide: Nahrungsmittelvergleiche

Dieser Beitrag ist eine Übersetzung von Description Guide – Skin Color Part I: POC & Food Comparisons aus einer Artikelreihe von Writing with Color. Ich stehe mit dem Team im Kontakt und besitze die Übersetzungsrechte.

Wir vom Team »Writing with Color« haben verschiedene Fragen zu dem Thema Hautfarben erhalten. Sie reichen von »Wie beschreibe ich die Hautfarbe einer Figur, ohne jemanden zu verletzen?« bis zu »Warum sind Schokoladen- oder Kaffeevergleiche problematisch?« Mit diesem Guide zu Hautfarben von People of Color versuche ich [Colette] all diese Fragen zu beantworten.

 

Nahrungsmittelvergleiche. So what’s the big deal?

In Nahrungsmittelvergleichen stecken einige Problematiken drin, ungeachtet davon, wie ihr es gemeint habt. Am besten ist es also, wenn ihr die die abgenutzten Vergleiche mit Hershey’s Schokoriegeln einfach stecken lasst.

Aber worin liegt eigentlich genau das Problem, Hautfarbe mit Kakao, Kaffee, Karamell, braunen Zucker oder anderen Süßigkeiten zu vergleichen?

 

Es ist fetischisierend.

Mich hat einmal ein weißer Type versucht zu verführen, indem er mir sagte, dass ich wäre wie ein Reese’s [Anmerkung: Erdnussbutter-Schokoladen-Minitörtchen von der Firma Hershey] zum Anbeißen. Ich glaube, ich brauche nicht zu erwähnen, dass es mich nicht sonderlich verführt hat. Ganz im Gegenteil, es kann wirklich sehr unangenehm sein, wenn man als Schwarze oder Person of Color mit Essen verglichen wird oder wenn man so was miterlebt, selbst wenn der Vergleich ein als ein Kompliment gemeint war.

I love me some chocolate men.

Your skin’s like a mocha latte.

I wanna piece of that chocolate.

Merkt ihr, wie oft es bei diesen Vergleichen um sinnliche Gelüste geht? Es ist, als wären People of Color etwas, was man konsumieren kann. Diese häufigen Vergleiche mit Kakao und ähnlichem sind jedoch nicht nur fetischisierend, sondern auch objektifizierend.

 

Die Worte von notanotherrph erklären das Problem perfekt:

Benutzt niemals »Schokolade« oder »Kaffee« oder andere ähnliche Wörter, um die Hautfarbe einer Person zu beschreiben, besonders wenn es sich um eine Person of Color handelt. Ich habe ein ganzes Paper über dieses Thema geschrieben, dass diese Essensvergleiche (insbesondere Schokolade) oft mit Übergriffigkeiten und Aneignung zu tun haben und mit dem Kolonialismus verknüpft sind. Denn: Wie zeigt man am besten, dass man andere dominiert? Indem man den anderen frisst – wie im Tierreich. Das ist widerlich. Passt daher bitte auf, wenn ihr mit Leuten redet oder Texte schreibt – ob es nun Biografien, Kurzgeschichten oder Romane sind.

 

Es ist klischeehaft.

Ich habe viel zu viele Bücher gelesen, in denen dunkle Hautfarben mit Schokolade, braunem Zucker, Honig, Karamell und so weiter verglichen wurden. Diese Nahrungsmittelvergleiche finde ich ziemlich langweilig, sind abgenutzt und klischeehaft. Und seien wir mal ehrlich, wir Autor*innen wollen doch Klischees vermeiden, oder?

Man sollte meinen, dass ich es gewohnt bin, immer wieder dieselben alten Vergleiche zu lesen. Trotzdem cringe ich nicht weniger, wenn ich schon wieder darüber stolpere. Schlimm ist es nicht, und dennoch kann sich doch auf andere Weise darum bemühen, eine Umschreibung für »braun« zu finden …

 

Sklaverei.

Kakao. Kaffee. Diese Produkte führten den Sklavenmarkt. Sie führen immer noch den Sklavenmarkt. Und dann vergleicht ihr eure Schwarzen Romanfiguren mit diesen Konsumgütern? Könnt ihr verstehen, weshalb es verletzend ist?

Dass es für Menschen der afrikanischen Diaspora besonders entwürdigend ist, mit Schokolade und Kaffee verglichen zu werden, sollte ohnehin klar sein; aber meiner Meinung nach verdienen alle People of Color mehr als immer wieder dieselben Vergleiche – eben aus genannten Gründen.

 

Ich benutze doch auch Milch oder Pfirsich, um weiße Personen zu beschreiben.

Es ist euer gutes Recht, Vergleiche mit Milchprodukten oder ähnlichem zu benutzen, wenn ihr weiße Figuren beschreibt. Aber denkt daran: Weiße sind keine People of Color. Ich habe meine Zweifel daran, dass – wenn weiße Menschen mit solchen Vergleichen konfrontiert werden – tatsächlich Flashbacks wegen der Fetischisierung und Entmenschlichung erleben. Seid ihr euch zudem sicher, dass ihr auf die gleiche Weise mit Essen verglichen werden wollt, wie es PoC passiert? Und außerdem habe ich bisher noch nie jemanden getroffen, der darauf wild war, mit Essen verglichen zu werden.

 

PoC reden untereinander doch auch so …

Nur weil People of Color miteinander so umgehen, heißt es noch lange nicht, dass es Außenstehende auch tun dürfen – vor allem, wenn es mit der Ethnie zu tun hat. Ich darf mich, wann immer ich will, als köstliches Honeycomb-Toffee bezeichnen (nicht, dass ich es tun würde …), das ist mein Recht als Schwarze Frau. Meine Schwarzen Freund*innen und ich witzeln auch ständig mit »He wants that chocolate« herum. Aber das ist unsere Witze und nichts, was weiße Autor*innen benutzen sollen, um ihre Romanfiguren zu beschreiben. Ich glaube, ich wiederhole mich …

 

Ich hab ’nen guten Vergleich, den ich für eine Figur of Color benutzen möchte; es ist zwar auch Nahrung, aber keine Schokolade und …

Und noch einmal: Das ist unser Recht. Mein Ratschlag an euch ist, Vergleiche mit Essen, insbesondere Schokolade und Kaffee, zu vermeiden, wenn ihr schwarze Menschen oder People of Color beschreibt. Und ich kenne sehr viele People of Color, die mir zustimmen. Dennoch werde nicht über euch schweben, während ihr schreibt, und euch auf die Hände schlagen, wenn euch wieder ein Erdnussbutter-Vergleich aus der Feder fließt.

Frag dich selbst: Ist es das wirklich wert?

Wenn People of Color euch gesagt haben, dass ihr eine bestimmte Ausdrucksweise nicht benutzen sollt, weil es klischeehaft, fetischisierend ist, weil es nicht angemessen ist und weil es verletzt … Ist es wirklich so einfach, deren Äußerungen zu ignorieren, da ihr die perfekte Kombination aus Sahne und braunem Zucker gefunden habt, Hautfarbe zu beschreiben? So gut und so präzise, und garantiert ohne Kakao oder Kaffee. Man muss es doch einfach benutzen!

Vielleicht seht ihr gerade, wie sich meine Augen verengen. Aber okay, wenn ihr solche Sätze unbedingt benutzen wollt, wäre es von Vorteil, wenn sie in der direkten (Gedanken-)Rede auftauchen. Figurenrede versus Erzählstimme, versteht ihr? Einen Pluspunkt gibt es, wenn die Figuren darauf angesprochen werden oder eine angemessene Kritik erfolgt. Denn es ist sehr wahrscheinlich, dass der Vergleich doch nicht so dolle ist.

 

Ausnahmen:

Olive.

Olivfarben festgelegter Begriff für Hautfarben, die einen oliven, also gelben-grünlichen Unterton haben [Anmerkung: im Gegensatz zu den rosigen Hauttönen, die bei Sonne ausgesetzt rot/rotbraun werden]. Der olivfarbene Unterton kann bei sowohl bei hellen als auch dunklen Hautfarben vorkommen und ist daher ungeeignet als Indiz, ob eine Figur of color ist.

Hautfarben mit olivfarbenen Untertönen
Hautfarben mit olivfarbenen Untertönen

Andere essbare Pflanzen.

Je nachdem, wie es geschrieben ist, habe ich persönlich kein Problem mit Nüssen oder essbaren Pflanzen, um Hauttöne zu beschreiben, wie z. B. Mandeln, Weizen, Sojabohnen … Was ihr benutzen wollt, hängt von eurem eigenen Geschmack ab (pun unintended).

Gewürze.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass für die meisten People of Color Vergleiche mit Gewürzen oder Kräutern wie Muskatnuss, Cumin oder Zimt okay sind. Diese Antwort kann aber auch daherkommen, dass man, anstatt komplett Nein zu sagen, lieber einer Alternative zustimmt, mit der man leben kann. Ich befürchte zudem, dass dieser Vergleich klischeehaft und fetischisierend sein kann, besonders wenn diese Gewürze und Kräuter typisch für die Speisen der Kultur sind, der die Figur angehört.

 

Ich weise noch mal darauf hin, dass einige People of Color, die nicht mit Nahrungsmittelvergleich verglichen werden wollen, der Vergleich mit Gewürzen nichts ausmacht. Ich persönlich befürworte weder die Benutzung von Gewürzen für Vergleiche, noch empfehle ich sie. Für mich ist es dasselbe wie bei den anderen Essenvergleichen: Es hat etwas Fetischisierendes.

Nachdem wir das alles geklärt haben, werde ich euch in Teil II dieses Guides Wörter für Hautfarben vorstellen. Und nein, Schokolade gehörte nicht dazu.

— Colette

 

PS: Für alle optische Beschreibungen gilt: Benutzt sie mit Vorsicht und holt verschiedene Meinungen ein!

 

1 Kommentar

  1. Glumbosch 10. Januar 2021

    Danke für die Übersetzung. Eine gute Erklärung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert