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Kompasskurs II – Der Plot

Der Plot ist das Handlungsgerüst. Er verleiht den einzelnen Szenen einen Sinn und verknüpft sie zu einer Geschichte. Ohne Plot bleiben die Szenen eine Aneinanderreihung von Ideen.

Es gibt Autor*innen, die den Plot entwerfen, bevor sie anfangen zu schreiben. Diese nennen sich Plotter oder Outliner. Und es gibt Autor*innen, die einfach drauflosschreiben und sich von ihrem Bauchgefühl leiten lassen. Die Handlung entsteht während des Schreibens. Diese nennen sich Pantser, Discovery Writer oder Bauchschreiber*innen.

Bei beiden Methoden gibt es einen Plot bzw. ein Handlungsgerüst, auch wenn er an unterschiedlichen Arbeitsabschnitten entsteht. Zu welcher Methode ihr greift, bleibt euch selbst überlassen. Die Geschichte darf gern vorher durchgeplant oder frei geschrieben werden. Beide Methoden können gemischt werden, indem man zum Beispiel die Eckpunkte plottet und dann von einem Punkt zum nächsten Punkt frei aus dem Bauch heraus schreibt.

Wie ist ein Plot aufgebaut?

Ein Plot besteht aus drei Teilen:

  • aus dem Anfang,
  • dem Ende
  • und einem Hauptteil (Mittelteil), der Anfang und Ende verbindet.

Anfang und Ende sind statisch, wie Startblock und Ziellinie. Das Spannende ist der Hauptteil, in dem das Rennen stattfindet. Oft ahnen die Lesenden, wie die Geschichte ausgeht – oder sie stellen zumindest Vermutungen an. Bei einem typischen Krimi wird am Ende der*die Verbrecher*in gefasst, bei einer typischen Liebesgeschichte kommt das Paar am Ende zusammen. Bei einer typischen High-Fantasy kommt es am Ende zu der typischen epischen Schlacht und die Bösen werden besiegt. Dennoch wollen wir wissen, wie und auf welche Weise es die Hauptfigur schafft, was alles dazwischen passiert und welche Hindernisse es gibt, wie sich die Geschichte entwickelt. 

Eine Entwicklung muss sein, denn ohne Entwicklung ist es keine Geschichte, sondern lediglich ein Fakt. Eine starke Entwicklung wird gewährleistet, wenn es einen starken Kontrast zwischen Anfang und Ende gibt. Und stark ist gut.

Fakt: Ente ist hässlich.
Entwicklung: Hässliche Ente wird … nett.
Starke Entwicklung: Hässliche Ente wird zum schönen Schwan.

»Eine Geschichte lebt von der Entwicklung.«

Bauernjunge → Jedimeister
Krieg → Frieden
Single (oder kaputte Beziehung) → glückliche Beziehung
Krähenterror und Karbunkelfrau → Spaß in der Notaufnahme und wahre Freundschaft

Eine Geschichte über eine Millionärin, die ihre dritte Million verdient und nichts damit anzufangen weiß, ist langweilig. Die Geschichte von einem armen Waisenkind, das unerwartet zu einer Million kommt, besitzt schon mehr Spannung. Dennoch kann die Geschichte mit der Millionärin funktionieren, da die Entwicklung nicht nur in der Handlung, sondern auch im Seelenleben der Figur stecken kann. Wenn man die äußeren Begebenheiten betrachtet, scheint sich von der einen zur nächsten Million kaum etwas verändert zu haben. Untersuchen wir ihr Inneres, entdecken wir Schuldgefühl.

 CN Messer Gewalt Tod 

Als arbeitswütige Karrierefrau arbeitete sie täglich bis spät im Büro. Eines Tages, als ihr Freund sie abholen ging, wurde er in der Dunkelheit abgestochen. Durch seinen Tod fällt sie in ein emotionales Loch. Erst als sie sich zugesteht, dass der Tod ihrer großen Liebe ein Unfall war, kann sie mit sich Frieden schließen.

In dieser Geschichte steht nicht die äußere Handlung im Vordergrund, es ist nicht handlungsbasiert (plot driven), sondern hat den Fokus auf der Charakterentwicklung (character driven).

 

»Der Gegensatz kann auch in der Charakterentwicklung stecken.«

 

Jetzt kommen wir zur Praxis:

Nehmt ein Stück Papier und einen Stift (zur Not tut es auch eine neue Datei und eure Tastatur) und füllt die Tabelle aus.

 

Anfang Hauptteil Ende
Um wen geht es, und was ist die Ausgangslage? Welche Hindernisse muss die Hauptfigur überwinden, um an das Ziel zu kommen? Was hat die Hauptfigur am Ende erreicht?

 

Perfekt. Ihr habt gerade mit der 3-Akt-Struktur geplottet!

Wenn ihr es detaillierter haben wollt, schaut euch die 5-Akt-Struktur an.

 

Hier geht es weiter mit Teil 2: Die Figur.

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